Pippi im Viertel

Paula Schäfer ist frisch ins Viertel gezogen. Allzu oft hat man sie dort aber wahrscheinlich noch nicht gesehen, denn die meiste Zeit verbringt sie auf der Bühne – mit roten Haaren, Zöpfen und bunten Kniestrümpfen. Ein Besuch im „Nest“.

„Ich liebe Farben“, sagt Paula Schäfer. Wie zum Beweis trägt sie heute einen gestreiften Pullover in knallbunten Regenbogenfarben. Ihre farbenfrohe Natur kann sie neuerdings auch vor Publikum ausleben. Seit August ist sie beim Wuppertaler Schauspiel fest angestellt. Ihre Rolle: Pippi Langstrumpf. Kürzlich hatte sie ihre ersten Auftritte vor einer Grundschulklasse. Ein einschneidendes Erlebnis. „Das hat richtig Spaß gemacht. Die Kinder gehen total mit“, freut sich die 26-Jährige. Das Publikum scheint von dem Stück ebenfalls sehr angetan – die Vorstellungen für die kommenden Monate sind restlos ausverkauft. 

Die Rolle der Pippi Langstrumpf ist für Paula Schäfer eine echte Herzensangelegenheit. Sie sei froh, glücklich und sehr dankbar, nun die einstige Heldin der eigenen Kindheit auf der Bühne verkörpern zu dürfen. „Ich habe als Kind gerne die Serie geguckt und war auch bei einer Thea­ter­aufführung“, so die Schauspielerin. „Aber ich hätte nie gedacht, dass ich selbst eine Pippi sein kann.“ Damit habe sie nicht gerechnet. Jetzt falle ihr die Verwandlung in Astrid Lindgrens weltberühmte Figur mit den zwei prägnanten Zöpfen ganz leicht. Auf der Bühne sind die übrigens aus Echthaar gefertigt, das helfe bei der Darstellung, so Schäfer. Darüber hinaus sei es eine schauspielerische Herausforderung, ein neunjähriges Mädchen zu spielen. „Wenn ich als Pippi tanze, dann tue ich das, ohne darüber nachzudenken, ob das jetzt gut aussieht. Ich versuche mich völlig frei zu bewegen – sowie ein Kind es tun würde“, erklärt Paula Schäfer. Dabei sei es wichtig, nicht in Richtung Klamauk abzudriften. Ihren Text spreche die Schauspielerin beispielsweise bewusst nicht in „Kindersprache“.

Angekommen im Viertel
Ihre ganz persönliche „Villa Kunterbunt“ im Luisenviertel ist nicht so geräumig wie das Original. Genau genommen sind es nur 25 Quadratmeter. Zwei Zimmer, ein großes Bett, Schrank, Regal, Schreibtisch, ein Bild, auf dem ihr Jack-Russel-Terrier zu sehen ist, und drei selbstgezogene Avocadopflanzen. Viel mehr ist es nicht. Muss es auch nicht, sagt Schäfer. Die winzige Wohnung wird von den Hausbewohnern gerne scherzhaft „das Nest“ genannt. Das liegt wohl auch an der engen und unglaublich steilen Treppe, die man erklimmen muss, um das Quartier im Dachgeschoss zu erreichen. Ein Graus für jeden Umzugshelfer. Der Transport der Waschmaschine sei eine echte Quälerei gewesen, bestätigt die junge Frau.

„Wenn ich Zeit habe, will ich mit einem Kaffee in der Hand ganz hintenin der Schwebebahn die gesamte Strecke abfahren.“

Paula Schäfer

Und doch: „Ich finde die Wohnung einfach perfekt“, sagt Schäfer. Die Tatsache, dass die gebürtig aus Leverkusen stammende Schauspielerin nun im Tal an der Wupper angekommen ist, war eine Verkettung mehrerer glücklicher Ereignisse: Angefangen hat alles mit der Zusage des Wuppertaler Schauspiels. Die erreichte sie allerdings während eines einmonatigen Aufenthalts in Australien. Das allein war für Paula Schäfer schon ein Grund zur Freude: ihr erstes Festengagement. Nach der abgeschlossen Schauspielausbildung hatte sie zwei Jahre lang freiberuflich gearbeitet und sich mit verschiedenen Jobs durchgeschlagen. Finanziell durchaus lohnend, aber doch mit einer guten Portion Stress verbunden. Die drängende Frage nach der Zusage: Wie kommt man innerhalb nur weniger Wochen an eine Wohnung in der fremden Stadt? Pendeln kam für sie nicht infrage, obwohl das theoretisch möglich gewesen wäre, denn ihren damaligen Wohnsitz hatte sie in Köln. „Die Proben gehen manchmal bis 22, 23 Uhr, da möchte man nicht mehr mit der Bahn fahren“, so Schäfer. Es sollte also eine eigene Wohnung sein. Möglichst zentral. Möglichst schnell. 

Geholfen hat schließlich ein Kontakt ihres Vaters nach Wuppertal. Der kannte die Vermieterin und organisierte auf die Schnelle eine Besichtigung, der zufällig gerade freien Wohnung. „Ich habe sofort zugesagt“, erinnert sich Paula Schäfer. Über­zeugt hat sie aber nicht nur das „Nest“ in der obersten Etage, sondern vor allem auch die Lage mitten im Luisenviertel. Das wurde ihr nämlich von mehreren Freunden und Bekannten als besonders beliebte Wohnlage ans Herz gelegt. Dementsprechend ungläubig waren die Reaktionen auf den schnellen Umzug in die neue Bleibe. „Alle sagten, wie kann es sein, dass du in so kurzer Zeit eine Wohnung im Luisenviertel gefunden hast?“

Jetzt freut sie sich auf die neue Heimat, bislang fehle es allerdings an der nötigen Zeit, um das Umfeld in Ruhe zu erkunden. Die Aufführungen und Proben sind eng getaktet. „Wenn ich Zeit habe, will ich mit einem Kaffee in der Hand ganz hinten in der Schwebebahn die gesamte Strecke abfahren“, so Paula Schäfer. Mit ihrer direkten Nachbarschaft im Viertel ist sie sehr zufrieden. Sie schätzt die kurzen Wege, die vielen Cafés und inhabergeführten Geschäfte und vor allem den bunten Mix an Menschen, die sich hier auf den Straßen oder im Deweerth’schen Garten tummeln. „Ich fühle mich hier rundum gut aufgehoben.“

Text: Marc Freudenhammer
Foto: Süleyman Kayaalp