Zwischentanz

Mama-geht-tanzen-Gründerinnen „Mama geht tanzen“ haben Anna Schumacher-Stolina und Andrea Rücker im Café Schimmerlos

Mit dem Format „Mama geht tanzen“ haben Anna Schumacher-Stolina und Andrea Rücker einen Nerv getroffen. Innerhalb eines Jahres wurde das Partykonzept 21 Mal adaptiert – und es gibt erste Ableger in den Nachbarländern.

Mütter schaffen es nur selten auf die Tanzfläche. Ein Zeitproblem. Klassische After-Work-Partys starten in der Regel gegen fünf oder sechs Uhr. Wer einen „echten“ Club-Abend plant, braucht eigentlich nicht vor zwölf Uhr vor der Türe stehen. Wenn der Abend besonders gut läuft, begrüßt man nach der Sause dann das Morgengrauen – zumindest bis zu einem gewissen Alter. Schön. Aber anstrengend. Und zu Hause warten in der Regel schon die nächsten Aufgaben: Wäsche, Einkaufen, Vereinssport und so weiter. Damit stellt sich natürlich die Frage, welche Party-Eskalationsstufe überhaupt noch in den eigenen Tagesablauf passt. Anna Schumacher-Stolina und Andrea Rücker haben darauf eine Antwort gefunden: keines der vorhandenen Formate. Deshalb haben sie kurzerhand selbst eines erfunden. Am 6. Dezember 2022 luden die beide Muttis zur ersten „Mama geht tanzen“-Party im Live Club Barmen – und wurden vom eigenen Erfolg überrascht.

Volltreffer
„Wir hatten nur ein paar Flyer im Viertel verteilt und es kamen über 260 Menschen. Unglaublich! Gerechnet haben wir mit vielleicht 50“, sagt Andrea Rücker. Die 36-Jährige ist im echten Berufsleben als Bauingenieurin tätig und sorgt als „Zahlenfrau“ für die strukturelle Basis im „Mama geht tanzen“-Duo. Außerdem hat sie zwei Töchter, die zwei und vier Jahre alt sind. Nach der ersten Party war klar: Das Konzept schlägt ein wie eine Bombe. „Wir wollten eigentlich nur mal wieder rauskommen und ein bisschen tanzen, haben aber nix gefunden“, erklärt Anna Schumacher-Stolina, die nach eigener Aussage den kreativen Part übernimmt. Wenn die 28-Jährige sich mal nicht um Familie oder anstehende Partys kümmert, arbeitet die gelernte Sozialarbeiterin als Inklusionshelferin beim Verein Mit-Menschen e. V.

Mittlerweile, nur eineinhalb Jahre nach dem Auftakt in Wuppertal, gibt es „Mama geht tanzen“ in 21 Regionen – darunter auch die Nachbarländer Österreich und die Schweiz.

Bei unserem Treffen im Café Schimmerlos in der Friedrich-Ebert-Straße erzählen die beiden von ihrem kometenhaften und unverhofften Aufstieg in der Partyszene. Anna bestellt sich einen Botanical Latte Green Flow, Andrea nimmt dasselbe Getränk nur in der Brown-Macao-Variante. Mit dabei ist Charlie, der das Gesagte eine Weile interessiert verfolgt und gelegentlich mit einem überraschten Gesicht kommentiert. Die restliche Zeit verbringt er allerdings eingekuschelt in Annas Armen. Dann und wann schläft er auch ein. So sind sie halt, die kleinsten Viertelbewohner. Charlie ist gerade drei Wochen alt. Die beiden anderen Kinder von Anna, zwei und vier Jahre, sind zu Hause geblieben.

Mittlerweile, nur eineinhalb Jahre nach dem Auftakt in Wuppertal, gibt es „Mama geht tanzen“ in 21 Regionen – darunter auch die Nachbarländer Österreich und die Schweiz. Die beiden Gründerinnen haben schon zahlreiche Interviews gegeben, waren sogar im Fernsehen. „Ich glaube, wir haben einfach einen Nerv getroffen“, sagt Anna. Der Instagram-Account der Party-Mamas hat inzwischen über 24.000 Follower, die einzelnen Regionen pflegen ihre Kanäle in Eigenregie. „Mamas sind einfach extrem gut vernetzt“, sagt Andrea. Gerade in Wuppertal merke man das. Im Juni soll es ein Netzwerktreffen mit allen Initiatorinnen in Wuppertal geben.

Für die bundesweite Vermarktung wurde relativ früh ein eigenes Franchise gegründet. Alles natürlich „learning by doing“, wie Andrea betont. „Wir haben uns am Anfang YouTube-Videos zu dem Thema angeschaut und uns nach und nach da reingefuchst.“ Inzwischen sind die beiden professioneller aufgestellt.

Die „Mama geht tanzen“-Veranstaltungen dauern immer genau drei Stunden und sind in der Regel als echte Club-Events angelegt. Das vorwiegend weibliche Publikum – Männer sind ebenfalls willkommen, aber nur vereinzelt anzutreffen – tanzt zu entsprechender Musik. Andrea beschreibt es so: „Wir spielen alles außer Schlager.“ Mit dem Live Club Barmen konnte auf Anhieb der richtige Ort in Wuppertal gefunden werden. „Das LCB ist wie nach Hause kommen“, sagt Anna. Der erste Ableger außerhalb von NRW wurde in Stuttgart gegründet. Die Interessentin gab dann auch den Hinweis, das Projekt doch als Franchise laufen zu lassen.

Das Franchise-Prinzip
Normalerweise, so wurde es den beiden beim ersten Gespräch mit dem deutschen Franchise-Verband erklärt, brauche es etwa anderthalb bis zwei Jahre, bis der erste Franchise-Nehmer kommt. Andrea: „Wir haben dann gesagt: Wir haben aber schon einen und jetzt müssen wir schnell wissen, wie es geht.“ Neuzugänge können heute online auf diverse Materialien wie Checklisten, Templates, Erklärvideos, Logos, Plakate und mehr zugreifen. „Mama geht tanzen“ als Do-it-yourself-Bausatz. Für den direkten Kontakt zu den Partner­innen – wer eine eigene Eventreihe ins Leben rufen will, muss Mama sein – pflegen die beiden Initiatorinnen eine WhatsApp-Gruppe. Inzwischen werden sie von sechs Mitarbeitenden tatkräftig unterstützt. Ein eigenes Büro hat das Team bis heute allerdings noch nicht. Telefonate, Vorbereitungen und Absprachen werden zu Hause, im Café oder im Auto per Handy erledigt. Auch die ersten Nachahmer ohne Franchise-Lizenz gibt es schon. „Die nennen sich dann Mutti macht Party oder Mama geht feiern. Manche benutzen auch dasselbe Design und dieselbe Schriftart im Logo“, erklärt Anna. Einen wirkungsvollen Weg, das zu unterbinden, gebe es aber leider nicht.

Die „Mama geht tanzen“-Partys sind nicht nur für die beiden Gründerinnen ein voller Erfolg, sondern auch für die Gästinnen. Dabei bestehe das Publikum nicht ausschließlich aus Müttern: „Wir haben etwa zwei Drittel Mamas, der Rest sind meist Freundinnen“, sagt Anna. Die Vorteile liegen auf der Hand: keine unerwünschten Anmachversuche und keine männlichen Übergriffe. Einfach entspannt feiern und tanzen. Und wenn Mama dann gegen 23 Uhr wieder nach Hause kommt, ist vielleicht sogar noch ein Gute-Nacht-Kuss für Nachwuchs und den Papa drin.

Text: Marc Freudenhammer
Foto: Süleyman Kayaalp

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