Nicole Größler alias Nitzi ist mit ihrem Laden „smukke ting“ seit 2014 ein Teil des Viertels. Ihre selbstgemachten Geschenkideen machen Menschen glücklich. Und ihre Community – die smukkies – wächst beständig.
Ein großes rotes Tor, darüber ein Fenster zur Werkstatt und eine Bank mit der Aufschrift „Lieblingsplatz für smukke Kunden“. „Das ist für viele, die sich hier im Viertel nicht so gut auskennen, eine echte Orientierungshilfe“, sagt Nitzi, die eigentlich Nicole Größler heißt. Vor dem schön gestalteten Schaufenster hat die Ladenbesitzerin eine liebevoll bemalte Holzkiste platziert, damit auch kleine Viertelbesucher einen Blick hineinwerfen können.
Begibt man sich ins Innere des Ladens, betritt man eine eigene Welt. Nur rund 14 Quadratmeter klein ist das smukke ting, trotzdem entdeckt man immer etwas Neues. Hinter einem Rahmen zum Beispiel, der neben dem Verkaufstresen an der Wand hängt, kann man heute noch einen Blick in die Vergangenheit werfen. An dieser Stelle hat die Ladeninhaberin ein kleines Stück der Originalwand des Altbaus bewahrt.
Pusteblume to go
Beim Stöbern findet man viele von Hand bemalte Windlichter mit unterschiedlichen Beschriftungen wie „Lebenslust“, „Stärke“, „Achtsamkeit“. „Ich mag es, Hoffnung – also ein Licht – zu verschenken“, sagt Nitzi „und dafür braucht man keine neuen Materialien. Alte Lebensmittelgläser werden von mir liebevoll und individuell gestaltet.“ Daneben findet man wesentlich kleinere, ja winzige Gläschen mit „Notfallglitzer“, „Glück im Glas“ oder einer „Pusteblume to go“. „Das sind alles kleine Geschichten aus meinem Leben, die ich zu einem kleinen ting kreiere und gestalte.“
An einer Wand findet man viele kleine Rahmen mit übermalten Buchseiten, die mit schönen Zitaten zu neuem Leben erweckt wurden. Auch hier steht der Gedanke des Upcyclings im Vordergrund. Es gibt also einiges zu entdecken, alles ausgedacht und handgemacht von der Inhaberin persönlich.
Aber woher kommt der Name des Ladens? Ganz einfach: Nitzi ist ein großer Dänemark-Fan und sie mag schöne Dinge. Noch besser: schöne Dinge herzustellen und zu entwickeln. „Da lag es sehr nahe, meinen Laden smukke ting zu nennen. Übersetzt bedeutet dies nämlich schlicht und ergreifend ‚schöne Dinge.‘“ Zugleich ist es dieses skandinavische Hygge-Gefühl, was sie in Dänemark verspürt und ins Viertel bringen wollte. „Das ist mein Seelenort, da kann ich runterkommen, auftanken, durchatmen.“
Oberflächlich betrachtet verkauft Nitzi Geschenkideen, Mitbringsel und selbstgemachte Kuscheltiere. Doch es steckt weit mehr dahinter. Die Idee: „Ich lasse meine persönlichen Erfahrungen und Geschichten in meine Produkte einfließen“, sagt sie. „Du sitzt hier gewissermaßen in meiner Seele.“ Doch nicht nur die enge Bindung zu den eigenen Produkten ist ihr wichtig, auch jene zur Kundschaft. Es sei mittlerweile eine echte Community entstanden. Die Zahl der von Nitzi liebevoll smukkies genannten Kundinnen und Kunden – der Großteil gehört zur ersteren Kategorie – ist seit der Eröffnung am 6. Dezember 2014 kontinuierlich gewachsen. Vor allem durch Mundpropaganda. Aber auch im Netz kann die gebürtige Wuppertalerin auf ihre smukkies zählen. Mehr als 1.000 Menschen folgen ihrem Instagram-Kanal, den sie regelmäßig mit Updates versorgt. Ein im Laden ausliegendes Gästebuch mit zahlreichen Polaroid-Bildern, handgeschriebenen Texten und Postkarten von ihren Kundinnen und Kunden dokumentiert den liebevollen Umgang.
Die Tatsache, dass die junge Frau heute handgemachte Geschenke mit einer Extraportion Herz und Seele herstellt und verkauft, war nicht immer absehbar und schon gar nicht geplant. Es gab so einige berufliche Stationen in ihrem Leben, die sie allerdings nicht glücklich machten. Irgendwann habe sie via „Viertelfunk“ davon erfahren, dass ein kleines Ladengeschäft mitten im Luisenviertel frei wird und nach anfänglichem Zögern dann doch zugeschlagen.
Klein, aber fein
Die kleine Werkstatt im smukke ting ist über eine steile Holztreppe erreichbar. Hier heißt es allerdings Kopf einziehen, denn aufrecht stehen lässt es sich bei geschätzt 1,60 Meter Deckenhöhe nicht. Kein Problem, findet Nitzi, die ohnehin meistens im Sitzen arbeitet. Hier entstehen beispielsweise ihre begehrten strømper, das sind kleine Fantasiewesen, die aus bunten Kindersocken hergestellt werden –auch nach Kundenwunsch. Eine weitere Eigenkreation sind die Bamser, kuschelige Erinnerungswesen, die Nitzi aus mitgebrachten Kleidungsstücken der Kundinnen und Kunden fertigt. „Für die Geburt eines Bamser benötige ich drei verschiedene Kleidungsstücke. Das können Babystrampler sein oder eine Kuscheldecke“, so Nitzi.
Dieses Arbeiten mit den Erinnerungen anderer Menschen kann dann auch mal emotional werden. „Hier darf man ruhig schwach sein, mein Laden ist ein geschützter Raum für Emotionen. Es kommt sogar relativ häufig vor, dass Kunden hier weinen.“ Aus diesem Grund hat sie auch immer eine Packung Taschentücher im Regal stehen. Das Menschliche, die Höhen und Tiefen – das alles gehört für sie immer auch mit zum kreativen Prozess. „Ich will einfach etwas machen, das Sinn hat.“
Text: Marc Freudenhammer
Fotos: Süleyman Kayaalp