Fels im Viertel

Schuldirektorin Britta Norpoth in der Herder Privatschule

Die Private Herder-Schule ist eine Institution im Viertel und feiert in diesem Jahr Jubiläum. Ein Gespräch mit der Direktorin Britta Norpoth über Montessori, das Wuppertaler Luisenviertel und Uhus im Garten.

Was für ein Blick! Wo man auch hinsieht, dominiert sattes Grün die Aussicht. Schon auf dem Weg über die alte Steintreppe hat man das Gefühl, in der Toskana zu sein und nicht in Wuppertal. Oben angekommen steht man vor der im Sonnenlicht strahlenden Fassade der Schmits’schen Villa. Die Sophienkirche auf der anderen Straßenseite wirkt aus diesem Blickwinkel irgendwie anders, näher, präsenter. Das Anwesen wäre wohl der perfekte Platz für einen gemütlichen Biergarten. Für Britta Norpoth ist das aber wahrscheinlich keine Option. Als Direktorin der Herder-Schule, die in diesem denkmalgeschützten Bau beheimatet ist, hat sie verständlicherweise ganz andere Dinge im Blick. Zum Beispiel das Wohlergehen der Schülerinnen und Schüler, für die das Grundstück rund um die Villa gewissermaßen der Pausenhof ist. Ein Pausenhof mit Toskana-Flair.

Auch im Innern spiegelt sich die Verbindung von gestern und heute. Schwere Holz­vertäfelung und alte Kunstwerke treffen auf selbstgebastelte Papierpinguine, herrschaftliches Ambiente trifft auf moderne Schulausstattung wie Whiteboards, Beamer und pragmatisch-nüchterne Schultische. Der prachtvolle Wintergarten mit seiner bleiverglasten Kuppel und dem kunstvollen Mosaik auf dem Boden wird von den Fünft- und Sechstklässlern in der kalten und nassen Jahreszeit als Pausenraum genutzt. In fast jedem Zimmer der Villa findet sich ein imposanter Kamin, insgesamt sind es 13 Stück. Im Garten könne man von Zeit zu Zeit große Uhus entdecken, erzählt Direktorin Britta Norpoth. „Die verscheuchen die Raben.“ Raben und Uhus? Das alles erinnert im Zusammenspiel mit dem Schulgebäude ein bisschen an Hogwarts, die fiktive Schule für Zauberei und Hexerei aus den Harry-Potter-Geschichten, findet auch die Direktorin.


Tradition und Zukunft
Schon Norpoths Vater war Schulleiter der Herder-Schule im Luisenviertel, die in diesem Jahr ihr 150-jähriges Bestehen feierte. Die direkte Nachfolge in den Direktorenposten war für Britta Norpoth nicht von Anfang an geplant. Im Gegenteil: „Es war natürlich nicht mein Ziel, als ich noch jung war. Erst mal ging es acht Jahre ins Ausland“, erzählt die gebürtige Schwelmerin. Erst als der Zeitpunkt der Nachfolge immer näher rückte, entschied sie, sich der Aufgabe zu stellen. Im Herbst 2015 ist Norpoth dann als Schulleiterin in die Fußstapfen ihres Vaters getreten. Heute ist sie froh, diese Entscheidung getroffen zu haben.

„Die Uhus verscheuchen die Raben.“

Britta Norpoth

Die Private Herder-Schule orientiert sich in ihren pädagogischen Vorgaben an den Lehren von Johann Gottfried Herder und Maria Montessori, die in Pädagogik-Kreisen vor allem für den Leitsatz „Hilf mir, es selbst zu tun“ bekannt ist. Aber: „Wir sind keine reine Montessori-Schule, sondern haben uns gewissermaßen die Rosinen rausgepickt“, so Norpoth. Im Schulalltag zeige sich das an verschiedenen Dingen. So sollen die Lehrer den Schülerinnen und Schülern in erster Linie als Coaches zur Seite stehen und gemeinsam auf die externen Prüfungen vorbereiten. Eine Abwehrhaltung zum Lehrer, wie sie nicht selten in staatlichen Schulen zu beobachten ist, könne so gar nicht erst entstehen.

Die Mensa: Hier sollen bald kulturelle Events stattfinden.


Gemeinsam statt gegeneinander
Klassische Hausaufgaben gibt es nicht, beziehungsweise werden diese unter Anleitung in der Schule erledigt. „Das ist für uns eine der wichtigsten Lerntätigkeiten im Schulalltag“, sagt Norpoth. „Deshalb findet diese Arbeit auch grundsätzlich in den Vormittagsstunden statt.“ Das selbstständige Erarbeiten von Wissen nimmt einen großen Raum in der Schule ein, ganz dem Konzept von Maria Montessori folgend. Gerade für Schülerinnen und Schüler, die von einer anderen Schule zur Herder-Schule wechseln, sei die Beziehung zum Lehrer oft eine Umstellung, die sich aber meist schnell von selbst erledige. „Wir hatten mal den Fall, dass ein neuer Schüler die Konfrontation mit dem Lehrer gesucht hat. Das hat unsere Schüler ziemlich verwirrt und das Problem wurde innerhalb der Klasse schnell gelöst“, so Britta Norpoth.

Die farbenfrohe Glaskuppel im Erdgeschoss


Der Trend hin zu mehr Privatschulen halte seit den 40er Jahren durchgängig an. Norpoth sieht darin eine Bestätigung des Konzepts: „Private Schulen treiben die Entwicklung voran.“ Zuletzt zeigte sich das in den Corona-Lockdowns. Nicht nur wurde das digitale Lernen im Turbo umgesetzt, auch die Anschaffung von Luft­filtern und CO2-Messgeräten in allen Klassenzimmern wurde zügig realisiert. In staatlichen Schulen wartet man bis heute auf diese sinnvolle Ergänzung des Infektionsschutzes.

Was die Verbindung zum Luisenviertel angeht, so setzt Norpoth verstärkt auf die Öffnung und Annäherung. Das zeigt sich zum Beispiel durch die Teilnahme am „Tag des offenen Denkmals“, der zuletzt zahlreiche Besucherinnen und Besucher in den spätklassizistischen Bau lockte. Außerdem veranstaltet die Herder-Schule regelmäßig AGs im benachbarten Wandelgarten. Auch die diesjährige Feier zum 150. Jubiläum der Schule im September war ein solcher Moment, der zu einer engeren Verknüpfung beitrug. „Wir wollen in Zukunft die Kultur in unsere Räume holen und zum Beispiel Ausstellungen, kleine Konzerte oder Lesungen organisieren“, sagt die Direktorin. Diese Aktivitäten könnten dann in dem heute als Mensa genutzten Raum im Erdgeschoss durchgeführt werden, der mit seinen Bildern von tanzenden Damen daran erinnert, dass hier in früheren Tagen auch schon gefeiert wurde.

Text: Marc Freudenhammer
Fotos: Süleymann Kayaalp

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