Der ambulante Hospiz- und Palliativberatungsdienst Lebenszeiten kann auf 30 Jahre Erfahrung zurückblicken. Die ehrenamtlichen Hospizbegleiter:innen hingegen werden immer jünger.
Mit schwarzem Hemd, aber einem strahlenden Lächeln empfängt uns Benjamin Richarz in den Vereinsräumen. Der junge Mann ist 1. Vorsitzender des Hospizvereins Lebenszeiten. Auch seine Vorstandskolleginnen, Ingrid Janschek und Addy Brückner-Winkels, wirken auffällig gut gelaunt, lachen viel. Man mag darüber verwundert sein. Schließlich ist es doch ein trauriges Thema, mit dem die rund 65 ehrenamtlichen Hospizbegleiter:innen hier täglich konfrontiert sind. Ingrid Janschek, die seit 2016 dabei ist und unter anderem die hauseigene Theatergruppe WIR gegründet hat, sieht das radikal anders. „Wir begleiten das Leben, nicht den Tod.“ Und Humor ist dabei ein wichtiger Bestandteil, Mitleid eher hinderlich. Empathie ist gefragt und Aufmerksamkeit für die Bedürfnisse des Gegenübers. Koordinatorin Rita Witt ergänzt: „Das ist eine absolut einzigartige Arbeit.“ Man brauche natürlich Mut, sich darauf einzulassen. Nur Mut? Nicht ganz. Alle Ehrenamtlichen müssen, bevor sie den kranken und sterbenden Menschen im Krankenhaus, im Altersheim oder den eigenen vier Wänden zur Seite stehen, einen Befähigungskurs absolvieren.
„Menschen, die türkisch oder italienisch sprechen, würden das Team gut ergänzen.“
Ingrid Janschek
In diesem lernen die zukünftigen Hospizbegleiter:innen vor allem eines: sich selbst kennen. Rita Witt bezeichnet den Kurs auch gerne als eine „Reise zu sich selbst“. Wie gehe ich mit der Ohnmacht um? Was passiert beim Sterbenden im Körper? Diese und weitere Fragen werden intensiv besprochen. Auch nach dem Start in die Begleitung steht man den Ehrenamtlichen zur Seite. Sie werden von Rita Witt und ihren Kolleginnen Angela Wolff und Gerlinde Geisler in ihrer Tätigkeit abgesichert. Außerdem gibt es monatliche Treffen in den Räumen in der Luisenstraße. Austausch ist von zentraler Bedeutung.
Letzte Wünsche
Der Verein bietet darüber hinaus noch weitere Kurse wie „Letzte Hilfe“ für Kinder und Erwachsene an oder informiert zum Thema „Patientenverfügung“. Die Teilnahme am Trauercafé, individuellen Trauergesprächen oder -spaziergängen sowie an der oben genannte Theatergruppe steht allen Interessierten offen. Noch in Planung ist ein sogenanntes „Death Café“, das man 2025 im beatzundkekse veranstalten will. Das Konzept: Interessierte treffen sich in gemütlicher Runde, um ganz ungezwungen über Tod, Sterben und Abschied zu sprechen.
Im kommenden Jahr will das Team das 30-jährige Bestehen mit einem großen Jubiläumsfest feiern. Benjamin Richarz ist zuversichtlich, dadurch die Community noch weiter ausbauen zu können. Denn auch wenn es aktuell reges Interesse an dem Thema gibt und die Interessent:innen tendenziell sogar jünger werden, sucht der Verein doch immer neue Aktive. Speziell Menschen, die türkisch oder italienisch sprechen, würden das Team gut ergänzen, so Ingrid Janschek. Der Lohn für den Einsatz als Hospizbegleiter sind einzigartige persönliche Momente.
Ingrid Janschek erinnert sich gerne an ein besonderes Erlebnis: „Eine Patientin wollte sich vor ihrem Tod noch einmal die Fingernägel lackieren.“ Ein kleiner Wunsch, dessen Erfüllung Janschek viel bedeutet. „Sie wollte sich noch ein letztes Mal schön fühlen.“ Auf einem Foto erkennt man die 102 Jahre alte Frau, wie sie voller Stolz ihre knallroten Fingernägel präsentiert.
Kontakt
Hospiz- und Palliativberatungsdienst
Lebenszeiten Wuppertal e. V.
Luisenstraße 13
42103 Wuppertal
Tel. 0202 459 8819
hospizwuppertal.de
Text: Marc Freudenhammer
Fotos: Süleman Kayaalp