TREPPENTALK

Wuppertals Oberbürgermeisterin Miriam Scherff auf den Stufen der Laurentiuskirche

Miriam Scherff ist Wuppertals neue Oberbürgermeisterin. Bei unserem Interview auf den Stufen der Laurentiuskirche erzählt sie von ihren Plänen für die Stadt und für unser Viertel.

Die Freude in der Redaktion ist groß, als uns die Zusage erreicht. Miriam Scherff hat sich bereiterklärt, uns spontan ein Interview zu geben. Wir vereinbaren kurzerhand ein Treffen an einem der beliebtesten Orte im Viertel: dem Lau­ren­ti­us­platz. Mit Miriam Scherffs Eintreffen lichtet sich die dichte Wolkendecke und der Platz auf der Treppe direkt vor der Laurentiuskirche lockt mit Sonnenstrahlen. Der perfekte Ort für einen kurzen Plausch, denn Miriam Scherff hat nicht allzu viel Zeit.

Nur knapp eine Woche Verschnaufpause hat sich die 36-jährige (zu diesem Zeitpunkt designierte) Oberbürgermeisterin nach ihrem Wahlerfolg gegönnt. Sogar das Smartphone musste in dieser Zeit schweigen. „Es tat gut, sich mal wieder ganz auf die Familie konzentrieren zu können“, so Scherff. Mit knapp 75 Prozent konnte sie sich gegen ihren Rivalen Matthias Nocke in der Stichwahl durchsetzen. Ein Erd­rutschsieg der SPD-Kandidatin. Inzwischen hat sie ihre Tätigkeit als Oberbürgermeisterin aufgenommen, hat sich voll und ganz in die wichtigsten Themen eingearbeitet, mit etlichen Menschen gesprochen und ziemlich sicher einen randvoll gefüllten Terminkalender, der kurzfristige Treffen wie das heutige wohl unmöglich macht.

Besondere Atmosphäre

Schon Scherffs Wahlkampf war geprägt von Nähe und Menschlichkeit. Als die „frische Kraft“ will sie jetzt in ihrem Amt durchstarten. So war es auf den Wahlplakaten zu lesen. Und so wirkt sie auch bei unserem Interview. Wie ist ihr Blick auf das Luisenviertel? Als gebürtige Cronenbergerin ziehe es sie meistens eher in die Natur als in die Stadt. Wenn es aber darum geht, sich an zentraler Stelle zu treffen oder auch mal in Ruhe shoppen zu gehen, dann sei das Viertel die erste Wahl. „Ich bin gerne hier, weil es eine ganz besondere Atmosphäre gibt.“ Die inzwischen etablierte Mini-Fußgängerzone rund um den Laurentiusplatz hält Scherff für eine sehr gute Idee, wenn auch mit dem Hinweis, dass es derartige Änderungen grundsätzlich nur in Abstimmung mit den Anwohner:innen geben dürfe. „Das funktioniert einfach nicht überall“, sagt sie. „Vor allem der Einzelhandel muss mitziehen. Da darf es keine Entscheidungen über die Köpfe hinweg geben.“

„Wir müssen die Menschen vor Ort dabei unterstützen, für die Kunden einen Mehrwert zu schaffen.“

Miriam Scherff

Im Luisenviertel, so Scherff, sei ja vor allem der „besondere Einzelhandel“ beheimatet. Die vielen kleinen inhabergeführten Boutiquen machen den Charme aus, der das Einkaufserlebnis von dem in der Innenstadt unterscheide. „Wenn ich durchs Viertel gehe, finde ich eigentlich immer irgendetwas“, schwärmt Miriam Scherff. Diesen Charme und diese Vielfalt müsse man unbedingt erhalten. Das gängige Bild der Innenstadt als großes Shoppingareal müsse ohnehin neu gedacht werden. „Mit der riesigen Auswahl im Internet können die Geschäfte in der City längst nicht mehr mithalten. Wir müssen die Menschen vor Ort dabei unterstützen, für die Kunden einen Mehrwert zu schaffen, den es online nicht gibt.“

Um die Innenstadt insgesamt wieder attrak­tiver zu machen, brauche es außerdem mehr freie Räume, sowohl für die junge als auch für die ältere Generation. Am liebsten für beide zusammen. Wie zum Beispiel der Deweerth’sche Garten oder der Laurentiusplatz. Auch das fußläufig erreichbare ehemalige Galeria-Kaufhof-Gebäude biete eine gute Gelegenheit, um einen neuen „generationenübergreifenden Austauschort“ zu schaffen, so Scherff. Die konkreten Pläne dafür kenne sie zwar aktuell noch nicht, die Idee einer gemischten Nutzung – unter anderem auch als bezahl­barer Wohnraum für Studierende – begrüßt sie aber.

Wuppertals Stärken

Wenn Miriam Scherff über ihre Heimatstadt spricht, dann vor allem, um die bislang zu wenig geförderten Vorzüge zu betonen: „Wir müssen grundsätzlich darüber nachdenken, was Wuppertal zu bieten hat, was andere Städte nicht haben.“ Dabei gebe es bereits heute viele Dinge, die es lohnt, weiter zu fördern und stärker nach außen zu tragen. Zum Beispiel die lebhafte freie Kulturszene oder die Gastronomie und nicht zuletzt die anstehende Bundesgartenschau. Letztere wird in nicht einmal sechs Jahren die Besucher:innenzahlen auch im Luisenviertel deutlich in die Höhe treiben. Aber es ist mehr als das. Miriam Scherff: „Wir müssen uns bestmöglich darauf vorbereiten und gemeinsam mit den Menschen gute Ansätze entwickeln.“ Und das möglichst zeitnah, denn schließlich gebe es eine klare Deadline, die sich nicht einfach nach hinten verschieben lasse.

Man kann also festhalten: Es gibt viel zu tun für die neue Oberbürgermeisterin. Hoffen wir, dass sie trotzdem dann und wann die Zeit findet, um im Luisenviertel zur Ruhe zu kommen.

Text: Marc Freudenhammer
Foto: Süleyman Kayaalp

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