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Johanna Hecker-Beer vor dem Rosa Schmuckladen

Wie schafft man es, 48 Jahre lang als Einzelhandel erfolgreich zu sein? Johanna Hecker-Beer weiß, wie es geht. Ein Gespräch über junge Kundschaft und alte Geschichten.

Mit dem Spiegel im Eingangsbereich hat alles angefangen. Das Prachtstück mit rosa Holzrahmen stammt aus dem Antikladen, der einst in der Sophienstraße zu finden war. Die Farbgebung wurde kurzerhand für den Namen des von Johanna Hecker gegründeten Unternehmens genutzt. Und so nannte sie ihn Rosa Schmuckladen. 48 Jahre ist das nun her. Ihre Tochter ­Johanna Hecker-Beer absolvierte einige Jahre später ihre Ausbildung in dem Geschäft und übernahm anschließend die Führung. Und das bis heute erfolgreich.

Bereits im Vorbeigehen fällt das akkurat dekorierte Schaufenster auf. Die rosa lackierte Ausstattung stammt noch aus den Gründungstagen, sieht aber aus wie neu. Das Arrangement der Schmuckstücke wird von der Inhaberin alle drei bis vier Wochen überarbeitet. Die Laufkundschaft soll schließlich immer wieder Neues entdecken und zum Besuch animiert werden. Denn es gibt noch viel mehr zu sehen – obwohl der Schmuckladen in der Luisenstraße nur etwa 20 Quadratmeter groß ist. So zum Beispiel das große Foto über der Tür zum Bürobereich, auf dem ein ganz besonderes Stück den Hals der Schwägerin von Hecker-Beer schmückt. Es handelt sich um eine blutrote Korallenkette mit langen schwarzen Federn: „Das war ein wahnsinniges Teil, was letztlich für die Verwendung in einem Film gekauft wurde. Gefertigt hat es damals der Goldschmied Häring. Wir dachten zuerst, das wird für immer bei uns bleiben“, erinnert sich Johanna Hecker-Beer.

Wuppertaler Geschichte

Dinge, die den Wechsel vom Verkauf ins Inventar gemacht haben, gibt es einige. So die etwas eigenwillige Kette mit Kiwis und einem kleinen Gartenzwerg, die den Hals einer steinernen Büste schmückt. Oder die Brosche mit dem Kristallschriftzug „Sexy“, die Hecker-Beer in einer Vitrine an der Wand aufbewahrt. „Das sind jetzt alles unverkäufliche Stücke, die fest zum Laden gehören.“ Fest zum Laden gehört auch das in den Gründungstagen von dem Wuppertaler Grafiker Heinz Velten entworfene und auf das Schaufenster handgemalte Logo des Rosa Schmuckladens. „Uns wurde irgendwann mal die Scheibe eingeworfen, aber die haben es irgendwie geschafft, das Logo zu retten“, sagt Johanna Hecker-Beer. Der Erhalt dieses Originals ist ihr ein großes Anliegen. Während wir uns unterhalten, unterbricht uns eine kleine antike Holzuhr, die zu jeder Viertelstunde mit einem lauten Gong auf sich aufmerksam macht. „Man kann an der Anzahl der Schläge hören, ob es viertel nach, halb oder viertel vor ist“, so die Schmuckhändlerin. „Das ist sehr selten – und praktisch.“

Restauriert wurde das gute Stück vom Vater der Inhaberin. Theo Hecker ist Uhrmachermeister und bot seine Dienste viele Jahre den Kundinnen und Kunden im Rosa Schmuckladen an. „Heute, mit 86 Jahren, geht das leider nicht mehr“, sagt Johanna Hecker-Beer. „Er kommt aber trotzdem noch zweimal die Woche und macht die Buchführung, darüber bin ich sehr dankbar.“

In der Hand

Alles hier, so macht es den Eindruck, hat eine eigene Geschichte zu erzählen. Und inmitten dieser geschichtsträchtigen Atmo­s­phäre: die neuesten Schmuckstücke der Saison. Denn, nur weil der Rosa Schmuckladen der Dienstälteste im Viertel ist, heißt das natürlich nicht, dass es hier nur Historisches zu sehen gibt. „Ich bin regelmäßig auf Messen, beobachte die Trends und picke mir die besonderen Sachen für unsere Kundschaft heraus“, so Hecker-Beer. „Im Internet bestelle ich nur, wenn es gar nicht anders geht, so wie bei unserer Kollektion aus Honululu.“ Sie habe außerdem den Eindruck, dass heute gerade das jüngere Publikum wieder bewusst vor Ort Schmuck kaufe. Über mangelnde Nachfrage könne sie sich jedenfalls nicht beschweren.

„Auf Messen picke ich mir die besonderen Sachen für unsere Kundschaft heraus.“

Johanna Hecker-Beer

Die Haptik, das Gewicht, der schöne Glanz, kurz: Eigenschaften, die Kaufentscheidun­gen erheblich beeinflussen können, fehlen beim Onlineshopping. Hinzu kommen die langjährige Erfahrung und das geübte Auge der Inhaberin. Das klingt fast so, als seien Blitzversand, Schnäppchenpreise und eine unendliche Auswahl doch nicht zwingend das Ende des lokalen Schmuckhandels. Jedenfalls nicht im kleinen Rosa Schmuckladen. Für Johanna Hecker-Beer ist aufgeben ohne­hin keine Option: „Wir machen weiter“, sagt sie – und strahlt dabei voller Zuversicht.

Text: Marc Freudenhammer
Foto: Süleyman Kayaalp

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