Die alte Villa direkt gegenüber derLaurentius-Basilika wird wiederbelebt. Das ehemalige Kirchengebäude wird ab 2022 zum Coworking-Space. Mit dabei: ein gemütliches Literaturcafé.
Es riecht nach frischem Wind. Aus der oberen Etage hört man Schleifgeräusche. Dort werden gerade die alten Holzböden aufgearbeitet. Noch vor einigen Jahren war hier die sogenannte Rendantur – eine Kassenstelle – der Kirche beheimatet. Gebaut wurde das klassizistische Gebäude am Laurentiusplatz um 1845 von Kommerzienrat Caspar Wilhelm Meckel. Seit 1984 steht es unter Denkmalschutz. Jetzt wird alles anders. Zumindest was die Nutzung angeht. Anstatt verstaubter Dokumente, die in ebenso verstaubten Aktenschränken ihr Dasein fristen, werden hier in Zukunft aufgeklappte Laptops das Bild bestimmen. Junge Menschen, die für ihre digitale Arbeitswelt nicht mehr auf Großraumbüros angewiesen sind, werden hier neue Ideen entwickeln, sich mit anderen austauschen und wahrscheinlich den ein oder anderen Soja Latte schlürfen. Ein „City Hub“, so nennt es Bodo Küpper, dessen Söhne das gesamte Gebäudeensemble inklusive den Breuerhöfen erworben haben. Als erster Schritt wird die Rendatur in ein Coworking-Space verwandelt. Aber: „Der ursprüngliche Charakter soll um jeden Preis erhalten werden“, sagt Küpper.
Man merkt ihm die Begeisterung an, wenn der Senior der Firmengruppe Küpper durch die rund 500 Quadratmeter streift und darüber redet, wie großartig erhalten das Gebäude ist und was hier entsteht. Neben den Büroräumen – angedacht sind bis zu sieben kleinere Büros für Teams mit etwa sechs Personen und ein Büro für ein Team mit bis zu 20 Mitarbeiter:innen – wird es auch ein Literaturcafé geben. Schließlich, so Bodo Küpper, „sollen die Leute auch mal runterkommen.“ Hierfür sind die beiden Räume und die Terrasse auf der linken Seite im Erdgeschoss vorgesehen. Rechts befindet sich die Rezeption.
Der „Pausenraum“ für die Nutzerinnen und Nutzer des neuen Codeks City Hub ist erstaunlich gut erhalten. An den geschätzt 4,70 Meter hohen Decken finden sich kunstvolle Stuckverzierungen und auch die Wände sind mit historischem Pinselstrich verschönert. „Wir waschen das alles nur vorsichtig ab“, sagt Bodo Küpper, der bei all seinen Projekten großen Wert auf den Erhalt der Substanz legt. Ein mit Marmor umrandeter Kamin – inzwischen mit einem Gasanschluss – sorgt für ein gemütliches Ambiente an kalten Tagen. Auch ein paar Tische vor dem Haus sind geplant. Für den „Spirit“, mit dem das Café auch Menschen von außen anlocken soll, wird Buchhändler Michael Kozinowski von der Buchhandlung v. Mackensen sorgen. Es soll nicht nur Lesungen geben, sondern auch andere Veranstaltungen. Der Name des neuen Cafés: Die Eule.
Work in progress
Der eigentliche Arbeitsbereich befindet sich in den oberen Etagen und wird durch eine moderne Glastür im Treppenbereich abgetrennt sein. Zugang hat nur, wer eine entsprechende Codekarte mit sich führt. Auf halber Treppe entdeckt man eine skurrile Mischung aus Tür und Standuhr. Man könnte meinen, dass sich dahinter ein geheimes Zimmer verbirgt, in dem wichtige Unterlagen vor den Blicken Fremder geschützt werden sollen. Vielleicht sogar ein Tresor? Und tatsächlich ist dieser Raum ein Ort, den man in Ruhe und vor allem alleine betritt. „Hier sind die Toiletten“, scherzt Bodo Küpper.
„Der ursprüngliche Charakter soll um jeden Preis erhalten werden.“
Bodo Küpper
Wir betreten den großen Raum in der ersten Etage, Küpper nennt ihn Mona Lisa. Der größte Unterschied zum Erdgeschoss: Hier sind die Wände nicht kunstvoll verziert. Alles bleibt roh, „das Gebäude soll atmen können“, wie Küpper erklärt. Vereinzelt kann man auf dem bräunlich goldenen Putz sogar noch Bleistiftzeichnungen von anno dazumal entdecken. „Treffen Anne-Frank-Hof“, ist an einer Stelle zu lesen. An einer anderen Wand scheint ein Architekt etwas gezeichnet zu haben. Diese kleinen Details verleihen den Räumen einen ganz besonderen Charme, insbesondere, wenn hier bald mit modernem Mobiliar ansprechende Kontrastpunkte gesetzt werden. Nicht zu vergessen die komplette Verkabelung mit schnellem Internet. Ohne das geht es nicht.
Vom Fach
Im ausgebauten Dachgeschoss, das bereits neue Mieter gefunden hat, dominieren wuchtige Holzbalken den Blick durch die Räume. Zwischen dem Fachwerk sieht man größtenteils unverputzte Backsteinwände. Die Decke ist hier naturgemäß niedriger als in den unteren Etagen. Dank der durchweg offenen Gestaltung wirkt der Bereich trotzdem ausgesprochen hell und freundlich.
„Wir werden das ganze Areal der Breuerhöfe erhalten und neu beleben“, erzählt Bodo Küpper. In den Hallen im hinteren Bereich sollen bald Ausstellungen und andere Veranstaltungen stattfinden. Das City Hub bekommt noch eine vergrößerte Terrasse, die in den Innenhof hineinreicht. Und wenn alles läuft wie geplant, wird man zukünftig über einen direkten Durchgang zur Aue gelangen. In der geplanten Sperrung der Friedrich-Ebert-Straße im Bereich des Laurentiusplatzes sieht Bodo Küpper übrigens nur Vorteile: „Das wird dem ganzen Viertel guttun.“
Artikel: Marc Freudenhammer
Foto: Süleyman Kayaalp