Kinderspiel

Gruppenbild: die Ehrenamtlichen Frauen des Wuppertaler Kinderschutzbundes

Der Kleiderladen in der Laurentiusstraße hat ein Ziel: die Finanzierung der Aktionen des Wuppertaler Kinderschutzbundes. In Zukunft soll das noch besser funktionieren.

Man hat jetzt ein bisschen mehr Platz. Die engen Gänge entlang der dicht behängten Kleiderständer sind Vergangenheit. Stattdessen kann man jetzt entspannt stöbern, sich in aller Ruhe umsehen, Kleidungsstücke auswählen – und dabei noch etwas Gutes tun. Etwas für die schwächsten Glieder in unserer Gesellschaft: Kinder. Der alteingesessene Kleiderladen des Kinderschutzbundes in der Laurentiusstraße ist seit über 12 Jahren eine beliebte Anlaufstelle für ganz verschiedene Kundinnen und Kunden. Und entgegen diversen Gerüchten wird es ihn auch noch länger geben. Einige kaufen hier ein, weil es günstig ist. Andere, weil es nachhaltig ist. Wieder andere, weil sie das Engagement des Kinderschutzbundes unterstützen möchten. Das ist nämlich der Hauptgrund für die Verkaufstätigkeit. Und die Erlöse werden aktuell besonders dringend benötigt. Das finanzielle Fundament des gemeinnützigen Vereins droht unter anderem aufgrund der geplanten Einsparungen im Bundeshaushalt zu bröckeln. Die Kürzungen im Sozialbereich treffen den Kinderschutzbund hart. Sehr hart.

Der Kleiderladen des Kindersschutzbundes verkauft nicht nur an Bedürftige.

„Wir kämpfen aktuell für das Überleben des Kinderschutzbundes in Wuppertal“, bringt es Kerstin Holzmann drastisch auf den Punkt. Seit 1999 engagiert sich die gelernte Erzieherin im Wuppertaler Ortsverband in vielen verschiedenen Bereichen. Erst neben dem Sozialpädagogik-Studium, mit der Zeit wurde es mehr. 2004 schreibt sie ihre Diplomarbeit. Das Thema: Chancengleichheit. Im September 2021 hat sie die Geschäftsführung des Kinderschutzbundes übernommen. Da war sie 54. Ungefähr zur gleichen Zeit hat Gitta Greiff ihre ehrenamtliche Tätigkeit aufgenommen. Nach nur einem Jahr wird sie stellvertretende Vorsitzende im Vorstand des Vereins. Die Corona-Zeit habe alles verändert, sagt die 70-jährige, die 32 Jahre lang als Grundschullehrerin gearbeitet hat. „Die Nachwirkungen spüren wir noch heute. Es hat uns voll erwischt.“

Handverlesen
Voll erwischt, das heißt: weniger Spenden, weniger Kunden, weniger Ehrenamtliche, weniger Einnahmen. Insgesamt engagieren sich zurzeit 110 Menschen im Kinderschutzbund, vor Corona waren es 250. Und wo es an Arbeitskraft mangelt, muss umstrukturiert werden. Dieser Prozess wurde jetzt angestoßen. Die einladende Verkaufsfläche ist dabei nur der Anfang „Wir müssen uns ganz neu aufstellen, um für die Zukunft gerüstet zu sein“, sagt Gitta Greiff. Effizienter werden, sparen, umstrukturieren. Das kennt man vor allem aus der freien Wirtschaft. Aber für den sozial aktiven Verein gelten letztlich dieselben Regeln. Geschenkt wird einem nichts. Obwohl das beim Kleiderladen natürlich nicht ganz stimmt. Der ist sogar auf Geschenke angewiesen. Das ist das Konzept.

„Wir kämpfen aktuell für das Überleben des Kinderschutzbundes in Wuppertal.“

Kerstin Holzmann

Jeden Tag spenden Menschen ihre alten Kleidungsstücke, Schuhe, Accessoires und andere Dinge. Säckeweise stapeln sie sich an manchen Tagen vor dem Geschäft. Auch wenn das so nicht gedacht ist. Idealerweise sollten Spendenwillige während der Öffnungszeiten in den Laden kommen und ihre ausrangierten, aber gewaschenen Sachen persönlich abgeben. An dem Punkt beginnt im Kleiderladen die Arbeit. Alles wird direkt gesichtet. „Wir müssen jedes Stück begutachten, bepreisen und einsortieren“, sagt Kerstin Holzmann. Viel zu tun also für die insgesamt 15 ehrenamtlich tätigen Frauen, die im Schichtdienst arbeiten. „Alles handverlesen bei uns“, sagt Gitta Greiff

Das neue Ladenkonzept ist an die Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden angepasst.

Für die Preisfindung werden dann auch mal die einschlägigen Secondhand-Shops und -Communitys im Netz durchsucht. Nicht selten findet sich im Sortiment nämlich auch hochwertige Markenmode und die soll möglichst fair, aber doch realistisch bepreist werden. Je nach Bedürftigkeit haben die Verkäuferinnen natürlich auch Spielräume bei den Preisen. „Wer offensichtlich obdachlos ist, muss bei uns nichts bezahlen“, sagt Gitta Greiff. Denn auch, wenn es natürlich darum geht, optimal zu wirtschaften, sieht sich der Kinderschutzbund immer auch dem sozialen Gedanken verpflichtet. Und der zieht sich durch alle Bereiche. Nicht mehr verkäufliche Ware landet übrigens nicht im Abfall, sondern in Rumänien. Dort kooperiert der Kinderschutzbund mit einer Behindertenwerkstatt, in der die Kleidung wieder aufgewertet und anschließend weiterverkauft wird.

Kinderschutz und -rechte
Was die Abläufe im Kleiderladen angeht, so wurde das gesamte System noch mehr auf Effizienz getrimmt. Eine Koordinatorin gibt es jetzt nicht mehr, dafür muss jeder ein bisschen mehr Verantwortung übernehmen. Dem Team gefällt das. „Die Menschen hier wissen doch am besten, wie es geht. Einige machen das schon seit 18 Jahren und mehr“, so Gitta Greiff. Und jeder weiß auch, wofür er diese Arbeit macht. Nämlich um die zahlreichen Projekte des Kinderschutzbundes zu ermöglichen. Dazu zählt zum Beispiel das erfolgreiche Dauerprojekt „Nummer gegen Kummer“, ein kostenloses und anonymes Gesprächsangebot für Kinder und Jugendliche aller Altersstufen. Dazu zählt natürlich auch der Kinderladen „Zum kleinen Elefanten“ in der Schloßbleiche. Oder das bundesweite Mentoringprogramm „Balu und Du“ für Grundschulkinder und das Kinderrechtebüro „Hand in Hand“, eine Anlaufstelle vor Ort für Kinder, Jugend­liche und Eltern. Die Zukunft dieser und vieler weiterer Projekte des Kinderschutzbundes steht aktuell auf der Kippe. Kerstin Holzmann: „Unsere Angebote laufen teilweise schon lange und werden inzwischen als selbstverständlich wahrgenommen. Wahrscheinlich ist den meisten Menschen gar nicht bewusst, dass wir die Initiatoren sind und die Finanzierung nicht gesichert ist.“ Abhilfe kann nur ein verstärktes Engagement und höhere Spenden schaffen. „Wir freuen uns über jeden, der sich einbringt oder spendet“, lautet ihr Apell.

Gitta Greiff, Kerstin Holzmann und ihre Mitstreiter:innen im Ortsverband lassen sich davon natürlich nicht unterkriegen. Wie schon so oft in den letzten 50 Jahren werden die Ehrenamtlichen das tun, was sie am besten können: anpacken und weitermachen.

Text: Marc Freudenhammer
Fotos: Süleman Kayaalp

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