Fünf Wuppertaler Hobbyfotografinnen haben sich zusammengetan, um ihre Heimatstadt in einem neuen Licht zu zeigen – und die weibliche Fotografie zu supporten.
Ein Mann mit hinter dem Rücken verschränkten Armen spiegelt sich in einer Pfütze. Ein stimmungsvoller Sonnenuntergang über den Dächern des Viertels. Die prägnanten Türme der Laurentiuskirche ragen spitz in den lilafarbenen Himmel. Die Schwebebahn passiert eines der riesigen Wuppertaler Streetart-Gemälde „auf Augenhöhe“. Diese und unzählige weitere Wuppertalmotive findet man von den Women with Cameras regelmäßig auf
Instagram, meistens begleitet von zahlreichen Herzen und vielen herzlichen Kommentaren. Die fünf Frauen des Kollektivs haben sich dort, im öffentlichen Raum der Instagram-Community, vernetzt. Unterstützt wurde dieser Prozess durch gemeinsame Fotowalks, die unter anderem vom Wuppertaler Stadtmarketing angeboten werden. Ihren Stil beschreiben die Hobbyfotografinnen schlicht als Straßenfotografie oder Street Photography. Die Stadt als Motiv. In jeder Hinsicht.


Wuppertal als Motiv
„Fünf ist eine gute Zahl“, sagt Antje Clausmeyer alias Claninchen auf die Frage, ob in Zukunft mit weiteren Mitgliedern zu rechnen sei. Und die restlichen Women with Cameras stimmen zu. Die Frauen – grob überschlagen decken sie eine Altersspanne von 26 bis 53 Jahren ab – haben sich nicht gesucht und doch gefunden. „Wir haben uns auf Anhieb gut verstanden, das findet man selten“, so Clausmeyer. Inzwischen sind die Women with Cameras eine eingeschworene Gemeinschaft geworden und vorerst nicht interessiert an einer Vergrößerung. Das gemeinsame Ziel: Wuppertal in neuem Licht erstrahlen lassen. Auch jene Ecken, die nicht unbedingt zu den Glanzstücken der Stadt zählen.
Neben Antje Clausmeyer sind mit dabei: Beate Klahold, online zu finden unter dem Künstlernamen 10time29, Sonja Wassermann, die als sowalimal auf Instagram unterwegs ist, Gaby Müller aka uteschnute24, und Nicola Kullmann, die ihre Arbeiten als nicola.raw veröffentlicht. Man mag sich die Frage stellen, warum männliche Kollegen von der Gemeinschaft ausgeschlossen sind. Sonja Wassermann hat darauf eine einfache Antwort: „Der große Vorteil als reines Frauenkollektiv ist, dass man sich nicht von irgendwelchen Männern was sagen lassen muss.“ Und ihre Kolleginnen sehen das ähnlich. Das sogenannte Mansplaining könne einem die Freude an der Fotografie gehörig vermiesen, sagt Wassermann. Aus diesem Grund wollen die Women with Cameras gezielt auch andere Frauen dazu ermutigen, sich fotografisch zu betätigen. „Kauf dir eine Kamera und fang einfach an“, bringt es Wassermann auf den Punkt. Und Beate Klahold ergänzt: „Es geht nicht in erster Linie ums Zeigen, sondern ums Machen.“


Die spannende Suche nach dem richtigen Motiv, das Warten auf den besten Moment und der Blick für die optimale Lichtstimmung – das alles gehört für die fünf Frauen einfach dazu, macht das Erlebnis Fotografie aus. Oder wie Gaby Müller es ausdrückt: „Beim Fotografieren fühle ich mich wie in Watte, alles drumherum wird unwichtig.“ Die digitalen Herzen auf Instagram sind also nicht das eigentliche Ziel, wenn auch natürlich immer gerne gesehen. „Ich poste längst nicht alles, was ich fotografiere. Einige Motive bleiben für immer auf meinem Rechner“, ergänzt Beate Klahold. Schon rein aus rechtlichen Gründen eignen sich manche Motive nicht für die Verbreitung in den sozialen Medien, wie Antje Clausmeyer als gelernte Juristin erklärt. Besonders in der Straßenfotografie ergeben sich immer wieder Motive, in denen einzelne Menschen klar zu erkennen sind. Die Veröffentlichung solcher Fotos setzt oftmals das Einverständnis der abgebildeten Person voraus. Auch wenn die Straßenfotografie in der Vergangenheit gerichtlich als eigenständige Kunstform eingeschätzt wurde. „Es bleibt eine juristische Grauzone“, so Clausmeyer.
„Beim Fotografieren fühle ich mich wie in Watte, alles drumherum wird unwichtig.“
Gaby Müller
Zusammen stärker
Das Kollektiv sieht sich selbst auch als ein Multiplikator in Sachen weibliche Fotografie. Auf dem gemeinsam betreuten Instagram-Kanal werden in erster Linie Inhalte von anderen Fotografinnen geteilt. Jede Woche übernimmt eine andere aus der Gruppe die Betreuung und Kuration der Bilder, die zu festgelegten Mottos eingesendet werden. Für die Teilnehmerinnen bedeutet das vor allem mehr Reichweite für den eigenen Account. „Wir wollen anderen Fotografinnen ein Forum für ihre Fotos bieten“, sagt Nicola Kullmann.


Neue Perspektiven
Neuerdings organisieren die Women with Cameras auch eigene Fotowalks. Oft geht es dabei mitten durchs Luisenviertel. Die Teilnehmenden kommen nicht nur aus Wuppertal, sondern unter anderem aus Düsseldorf, Köln, Bonn oder Essen. Im Anschluss an den Fotowalk wird ein Best-of der Bilder unter dem Hashtag #fotowalkwwcw im Instagram-Kanal veröffentlicht. „Und am Follower Friday präsentieren wir eine ausgesuchte Fotografin und ihre Arbeiten“, so Gaby Müller.
Bei einer Sache sind sich die Fotografinnen auf jeden Fall einig: Wuppertal ist es wert, gezeigt zu werden. Das Bekenntnis zur Stadt und zur Region kann man in jeder Aufnahme der fünf so verschiedenen Charaktere gewissermaßen erspüren. Und, so Gaby Müller: „Auch hässliche Ecken können ein schönes Motiv sein.“ Mit dieser Einstellung scheinen die Fotografinnen einen Nerv getroffen zu haben. Ihre Posts auf Instagram werden gerne und oft geteilt. Auch das Frauenmagazin Emotion ist vor Kurzem auf die Women with Cameras aufmerksam geworden. Die Redaktion war so überzeugt von den Fotos, dass sie in der Frühlingsausgabe einige Arbeiten der fünf in der Rubrik „Geheime City-Trips“ veröffentlichte. Ein echter Erfolg für das Kollektiv. Es wird nicht der letzte gewesen sein.
von Marc Freudenhammer