Seit 2017 schmücken die Kreationen der Hutmacherin Luisa Glücklich die Köpfe ihrer Kundinnen und Kunden im Viertel. Bei richtiger Behandlung machen diese ein Leben lang glücklich.
Was haben Elisabeth II., Pharell Williams, Humphrey Bogart, Udo Lindenberg und Joseph Beuys gemein? Sie alle sieht man nur selten oben ohne. Gemeint ist natürlich die typische Kopfbedeckung, die einige der genannten Personen zu ihrem Markenzeichen gemacht haben. Die Zeiten, in denen auch Normalsterbliche ganz selbstverständlich behütet aus dem Haus gingen, sind spätestens seit den Achtzigern vorbei. Mit dem Aufkommen der Baseballkappe verschwanden Hüte aus dem Alltag. Aber schon vorher, in den Siebzigern, galten Hüte unter jungen Menschen als altbacken und unmodisch.
Immer wieder gab es seitdem vereinzelte Huttrends. So zum Beispiel den kompakten Trilby, der noch vor einigen Jahren junge Hipsterköpfe schmückte. Luisa Glücklich ist eine der ersten, die derartige Modetrends bemerken. Dann nämlich mehren sich die Nachfragen in ihrem kleinen Atelier in der Luisenstraße, das man schnell übersehen kann, da das Schaufenster etwas oberhalb der Augenhöhe angesiedelt ist. Über eine Tatsache können die kurzlebigen Trends allerdings nicht hinwegtäuschen: Die 35-Jährige gehört zu einer aussterbenden Art – beruflich gesehen natürlich. In diesem Jahr habe es NRW-weit nur eine einzige Auszubildende gegeben, die ihren Abschluss gemacht hat, sagt Glücklich, die selbst im Prüfungsausschuss der Handwerkskammer sitzt. Auch traditionsreiche Hutläden schließen bundesweit. Die letzte Anlaufstelle für Hutfans in der Elberfelder City, Hut Küpper, musste 2013 schließen. Nach 160-jährigem Bestehen.
Kopf und Form
Das traditionelle Hutmacherhandwerk, die offizielle Berufsbezeichnung lautet Modist oder Modistin, hat es wirklich nicht leicht. Zumal es außer der Selbstständigkeit kaum berufliche Perspektiven gibt nach der Ausbildung. „Teilweise gibt es noch Stellen am Theater, die dann aber auch langfristig besetzt bleiben“, erklärt Luisa Glücklich. Keine guten Aussichten für Freunde maßgefertigter Kopfbedeckungen. Diese greifen dann oft zu Stangenware. Sehr schade, findet das die Hutmacherin. „Die großen Modeketten bieten Hüte und Mützen für Männer nur in wenigen Größen an, für Frauen gibt es sogar oft nur eine einzige Standardgröße.“ Dabei sei jeder Kopf anders. Nicht nur auf die Größe bezogen, also den Kopfumfang, sondern vor allem auf die Kopfform. „Manche Menschen haben ein kleines Gesicht, aber einen großen Kopf“, sagt Glücklich, die ihr eigenes Haupt eben jener Kategorie zuordnet.
Alles außer Perücken
Der größte Teil der Kundschaft sucht das Atelier Glücklich ganz gezielt auf. Einige bringen Fotos von Hüten oder anderen Kopfbedeckungen mit, die sie in Filmen gesehen haben. Andere wollen sich für einen besonderen Anlass wie eine Hochzeit oder ein festliche Gartenfeier behüten. Etwa sechzig Prozent der Kundschaft ist weiblich, die meisten davon älter als dreißig Jahre, eher um die Fünfzig. Aber es gibt auch erfreuliche Ausnahmen. „Mein jüngster Kunde war vielleicht Zwanzig und hat seinen eigenen Entwurf sowie Stoffmuster mitgebracht. Das hat großen Spaß gemacht“, erinnert sich Luisa Glücklich.
Im Atelier in der Luisenstraße werden aber nicht nur Hüte gefertigt, sondern alle möglichen Kopfbedeckungen wie Schieberkappen, Turbane, Haarbänder oder Five-Panel-Kappen. Oder wie die Inhaberin es ausdrückt: „Ich mache alles außer Perücken, das machen Maskenbildner.“ Wer sich für so ein maßgefertigtes Modell vom Profi entscheidet, kann sicher sein, dass alles genau so sitzt, wie es soll. Für die Fertigung und individuelle Anpassung auf den jeweiligen Kundenkopf plant Luisa Glücklich etwa zwei bis drei Wochen ein. Das Warten lohnt sich doppelt. Die neuen Hutbesitzerinnen und -besitzer können sich am Ende nicht nur über eine optimale Passform, sondern auch über lange Haltbarkeit freuen. Und mit lange ist gemeint: ein Leben lang. Luisa Glücklich: „Ich habe schon sehr alte und verknickte Hüte wieder restauriert und war oft selbst erstaunt darüber, wie gut diese wieder aussehen.“
Geschuldet ist diese erstaunliche Langlebigkeit natürlich vor allem den verwendeten Materialien. Einen hochwertigen Hut kann man am Fühlen erkennen, erklärt Glücklich, die selbst viel mit Naturmaterialien wie Wollfilz, Kaninchenhaarfilz, Schafwolle oder Strohmaterialien, wozu auch geflochtene Papierfaser zählt, arbeitet. „Abseits vom eigentlichen Hutmaterial sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt“, sagt sie. Besonders ausgefallene Kopfbedeckungen hat sie in der Vergangenheit zum Beispiel für die Oper in Essen oder das Solinger Theater gefertigt.
Auch wenn der klassische Hut auf absehbare Zeit vielleicht nie wieder so richtig im Alltag ankommen wird, sieht Luisa Glücklich durchaus einen kleinen Trend zur hochwertigen Kopfbedeckung. Zumindest im Vergleich zu den Nullerjahren sei ein Aufschwung festzustellen. In Zeiten von Slow-Fashion, Nachhaltigkeit, Bio und Fairtrade lernen viele Menschen auch wieder echte Handarbeit zu schätzen. Auch jene, die dem Kopf zugutekommt.
Text: Marc Freudenhammer