Martina Hellmann macht aus wenigen Zutaten saftige Leckerbissen. Ihre Brotkreationen sind einzigartig und nur vor Ort im Luisenviertel zu bekommen.
Hartmut, Lupi, Willi, Luis, Lenchen. Manche Brote sind einfach so einzigartig, dass sie eigene Namen tragen. Eine Ehre, die für gewöhnlich nur den eigenen Kindern oder geliebten Haustieren vorbehalten ist. Für Martina Hellmann ist diese fast schon familiäre Beziehung zu ihren Backprodukten Teil des Konzepts. In ihrer Analog Brotmanufaktur zaubert sie in meisterlicher Handarbeit aus hochwertigen Zutaten ganz eigene Schöpfungen. Kurz: Hellmanns Brote haben Charakter. „Für mich muss jede neue Sorte etwas Besonderes haben“, sagt sie.
Bei der kreativen Namensgebung wird sie von ihrem Sohn Dominik unterstützt, der aktuell auch im Verkauf mithilft. Er ist auch der Grund, warum Martina Hellmann heute in der Backstube steht. Erst mit 42 Jahren hat sie sich dazu entschlossen, den Beruf zu wechseln. Auslöser war eine Bemerkung ihres Sohnes: „Du bist nur glücklich, wenn du Brot backst“, hatte dieser in einer beruflich stressigen Zeit zu ihr gesagt und damit einen wunden Punkt erwischt. Und so machte sich die Wuppertalerin auf eine beschwerliche Reise in Richtung ihrer neuen Profession. „Ich habe die Ausbildung neben meinem eigentlichen Job als Immobilienverwalterin gemacht. Teilweise habe ich 18 bis 20 Stunden am Tag gearbeitet“, sagt Hellmann. Nach der Ausbildung folgte dann noch die Meisterprüfung. Es habe sich gelohnt, sagt sie rückblickend.
„Ich wollte eine Wohnzimmer-Atmosphäre schaffen.“
Martina Hellmann
Es gibt nur wenige Nahrungsmittel, die den Deutschen im Urlaub so sehr fehlen wie frische, kräftige Brotsorten. Die schiere Masse an hierzulande verfügbaren Varianten ist selbst für geübte Brotgenießer überwältigend. Martina Hellmann geht einen anderen Weg. Sie beschränkt sich auf nur zwei bis drei Sorten am Tag. Auch Brötchen, Kuchen, Croissants oder andere Backwaren sucht man in der Wuppertaler Brotmanufaktur vergeblich. Ebenso wie eine klassische Auslage. „Ich wollte eine Wohnzimmer-Atmosphäre schaffen“, so Hellmann. Das ist eindeutig gelungen. Wer die Räume in der Friedrich-Ebert-Straße 90 betritt, wird von einer wuchtigen Holztheke empfangen, die eher an eine Bar erinnert. Die Brote selbst liegen in einem praktischen Wagen und machen den Eindruck, gerade frisch aus dem Ofen geholt worden zu sein. Die Chance, dass dem wirklich so ist, ist groß. Zum Konzept der Brotmanufaktur gehört es nämlich, erst am frühen Vormittag zu backen, damit die Kundinnen und Kunden auch noch am Abend ein frisches Brot kaufen können. „Einer der Gründe, warum ich mit dem Brotbacken angefangen habe, ist, dass ich als Alleinerziehende abends kein leckeres Brot mehr bekommen konnte“, so Hellmann. Nach den ersten Versuchen in der heimischen Küche hatte sie Blut geleckt.
Eine weitere Sache war der Bäckerin bei der Einrichtung sehr wichtig. Sie wollte den Menschen einen Blick in die Backstube ermöglichen. Und so kann man heute durch eine große Glasscheibe dem Treiben im Innenraum folgen und Hellmann dabei beobachten, wie sie den Teig knetet oder die frischen Laibe aus dem Ofen holt.
Immer neu
Auch wenn ein Brot eigentlich nur aus drei Zutaten – Getreide, Wasser und Triebmittel – besteht, lassen sich damit doch unzählige Geschmacksvarianten erreichen. Letzteres kann ein Sauerteig sein oder eine Hefe. Zusätzliche Nuancen erreicht man mit weiteren Zutaten wie zum Beispiel Fenchel, Kümmel oder Anis. „Ich bin immer froh über neue Anregungen“, sagt Hellmann, die bereits die verrücktesten Sorten ausprobiert hat. Darunter beispielsweise ein Whiskey-Brot mit Maische aus einer lokalen Destillerie oder ein Sesambrot, für das sie eigens eine Sesampaste angesetzt hat. „Ich habe auch mal ein Gin-Brot gemacht, aber das ist nicht so gut angekommen. Zu intensiv im Geschmack“, sagt Martina Hellmann und lacht. Der Fantasie sind diesbezüglich keine Grenzen gesetzt, Vorschläge können auch über die Website der Brotmanufaktur übermittelt werden. Einmal habe sie acht Wochen lang an einem Haferbrot getüftelt, bis es gelungen war. „Man kann unheimlich viel machen“, sagt sie.
Bauchschmeichler
Ein großes Thema für Martina Hellmanns Kunden ist die Verträglichkeit. „Viele Menschen, die bislang nur industrielle Brot gegessen haben, bekommen Magenprobleme, weil dort viel mit Zusätzen gearbeitet wird.“ Einer der Gründe für derartige Hilfsmittel sei die Zeitersparnis, ein anderer die dauerhaft gleichbleibende Optik der Produkte. Für Hellmann sind beide irrelevant. Sie setzt auf regionale Zutaten (häufig aus Bio-Anbau), handwerkliches Know-how, Zeit und viel Liebe. Was nicht auf der Zutatenliste steht, die sowohl im Laden als auch online einsehbar ist, ist auch nicht drin.
Es ist wohl nicht übertrieben festzustellen, dass Martina Hellmann durch ihre Flucht aus dem Bürojob und rein in die Backstube ihr Glück gefunden hat. Wenn sie über ihre tägliche Arbeit spricht, blüht die Bäckerin regelrecht auf und das Wissen sprudelt nur so aus ihr heraus. Diese Begeisterung verwandelt sie in jene Geschmäcker, die jeden Tag aufs Neue Kunden in die Brotmanufaktur lockt.
Text: Marc Freudenhammer
Fotos: Süleyman Kayaalp